„Die Stadt braucht Sie“ – Zeugnisfeier der Schulabschluss-Lehrgänge

Pressemitteilung der Münchner Volkshochschule zur Zeugnisfeier der Schulabschluss-Lehrgänge vom 24.7.2018

„Die Stadt braucht Sie“

Rund 260 Absolventinnen und Absolventen haben sich an der Münchner Volkshochschule (MVHS) auf einen Schulabschluss vorbereitet – auch junge Flüchtlinge. Dass sie immer länger auf eine Arbeitserlaubnis warten müssen, frustriert viele von ihnen.

Nikolina Pavlinović freut sich auf ihre Ausbildung, denn ihre Arbeitgeberin kennt sie schon aus erster Hand: Nachdem sie sich im Projekt „Starten statt warten“ an der Münchner Volkshochschule auf ihren Mittelschulabschluss vorbereitet hat, beginnt sie im Herbst eine Ausbildung zur Kauffrau für Büromanagement – ebenfalls an der MVHS. „Ich habe hier gesehen, wie hilfsbereit die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind, wenn man Unterstützung braucht“, sagt die 18-Jährige.

Am Freitag hat Nikolina Pavlinović im MVHS-Haus in der Einsteinstraße 28 das Zeugnis für ihren nachgeholten Schulabschluss entgegen genommen – zusammen mit rund 260 weiteren Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Schulabschluss-Lehrgänge sowie der MVHS-Projekte „Starten statt warten“ und „Flüchtlinge in Beruf und Schule“ (FlüB&S).

Nadine Liebl vom Referat für Bildung und Sport der Landeshauptstadt München sagte am Freitag in ihrem Grußwort: „Seit über 40 Jahren schätzt das Referat für Bildung und Sport die Münchner Volkshochschule als verlässlichen und erfolgreichen Kooperationspartner. Aus diesem Grund werden die Schulabschluss-Lehrgänge gerne finanziert und unterstützt.“

Unter den Absolventinnen und Absolventen ist auch Lilian Richter. Die 17-Jährige erhielt am Freitag ihr Zeugnis für den Qualifizierenden Hauptschulabschluss. Nach einem Jahr im „International Munich Art Lab“ (IMAL) möchte sie auch noch den Realschulabschluss nachholen und dann einen kreativen Beruf zum Beispiel im Bühnenbau oder im Bereich Inneneinrichtung ergreifen. Lilian Richter kann den Schulabschluss-Lehrgang an der MVHS mit ihrer Zeit an einer Realschule vergleichen und sieht viele Vorteile: „An der Volkshochschule herrscht ein sehr gutes Arbeitsklima. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sind vernünftig und zielstrebiger, weil sie aus freien Stücken und mit einem Ziel vor Augen den Kurs besuchen.“

Lernen für das Leben

Prof. Dr. Klaus Meisel, der Managementdirektor der MVHS, sagte den Teilnehmern in seiner Zeugnisrede: „Sie können nicht nur auf Ihr Zeugnis stolz sein, sondern auch auf  das, was Sie sonst gelernt haben.“

Über 70 Prozent der Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die an der MVHS einen Schulabschluss nachholen, haben einen Migrationshintergrund. Viele von ihnen verbessern neben dem Lernen des Schulstoffes wesentlich ihre Deutschkenntnisse. Sozialpädagogen beraten in organisatorischen Fragen und helfen bei der Stellensuche und bei Bewerbungen.

„Die Stadt braucht Sie“, sagte Martha Doll von der Abteilung Migration und Interkulturelle Arbeit des Sozialreferats zu den Absolventinnen und Absolventen der Projekte FlüB&S und Starten statt warten. „Dass Sie Mut, Kraft und Zuversicht besitzen, haben Sie schon unter Beweis gestellt“, so Doll in ihrem Grußwort. Sie wisse aus eigener Erfahrung, wie wertvoll Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind, die einen Abschluss auf dem zweiten Bildungsweg erlangt haben und sich durchboxen mussten.

Dr. Susanne May, MVHS-Programmdirektorin, sagte: „Die Münchner Volkshochschule ist seit jeher ein Ort der zweiten Chance. Sie haben diese Chance sehr erfolgreich genutzt.“ Allein von den 60 Teilnehmern des Projekts FlüB&S und den 42 Teilnehmern des Projektes „Starten statt Warten“ haben 90 Prozent ihre Abschlussprüfungen bestanden. 

Die Unsicherheit nimmt zu

Die Freude über die langjährige erfolgreiche Arbeit im Projekt FlüB&S trübt in letzter Zeit immer öfter Verunsicherung, ob die jungen Geflüchteten eine Ausbildung beginnen können. Denn viele warten zunehmend länger oder sogar vergeblich auf eine Beschäftigungserlaubnis. Diese Entwicklung  setzt sie unter Druck und bewegt immer mehr von ihnen zum Abbruch des Lehrgangs. „Diese Situation  belastet und konterkariert unsere pädagogische Arbeit, sie verunsichert die Jugendlichen ebenso wie die Ausbildungsbetriebe, die gern in ihre Ausbildung investieren würden“, sagt Susanne May.

Hedwig Fuß, die Projektleiterin von FlüB&S, ergänzt: „Es demotiviert die Jugendlichen, wenn sie befürchten müssen, keine Arbeitserlaubnis für ihre Ausbildung zu erhalten. Denn es geht ihnen insbesondere darum, einen Beruf zu erlernen – auch dann, wenn sie keine sichere Bleibeperspektive haben.“ Angesichts zahlreicher freier Lehrstellen in Bayern haben viele Teilnehmer bei der Zeugnisfeier schon eine Ausbildung in Aussicht. Doch eine Arbeitserlaubnis ist die Voraussetzung, dass sie sie auch antreten können. Je länger sie warten müssen und je höher das Risiko, dass ihnen eine Arbeitserlaubnis verwehrt wird, desto weniger Planungssicherheit haben sie und die ausbildenden Betriebe.

Gut läuft es zum Glück für Shivan Shamo Selo, der in wenigen Wochen eine Ausbildung zum Elektroniker für Energie- und Gebäudetechnik beginnen kann. Der 21-Jährige stammt aus Mosul und lebt seit 2015 in München. Bei FlüB&S hat er sich erfolgreich auf den Qualifizierenden Hauptschulabschluss vorbereitet und konnte sich im „Ausbildungscafé“ die Lehrstelle sichern.

Neue Kurse starten im Herbst

Im September starten die neuen Lehrgänge für nachholende Schulabschlüsse an der MVHS. Teilnehmer können sich in Tages- oder Abendlehrgängen auf den Erfolgreichen oder Qualifizierenden Abschluss der Mittelschule sowie auf den Mittleren Schulabschluss und die Mittlere Reife vorbereiten. Am 24. und 25. Juli sowie Anfang September finden Infoveranstaltungen beziehungsweise Einstufungstests statt. Wichtigster Förderer der Schulabschluss-Lehrgänge ist das Referat für Bildung und Sport der Landeshauptstadt München.

Das Projekt „Starten statt warten“ bereitet junge Migrantinnen und Migranten auf den Mittelschulabschluss vor und ergänzt das Schulwissen durch intensiven Deutsch-Unterricht sowie berufliche Kenntnisse, beispielsweise im EDV-Bereich. Es wird gefördert aus Mitteln des Sozialreferats der LH München, Amt für Wohnen und Migration, sowie des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus.

Das Projekt „Flüchtlinge in Beruf und Schule“ (FlüB&S) richtet sich vor allem an junge Geflüchtete und ergänzt die – je nach Bildungsvoraussetzungen ein-, zwei- oder dreijährige – Vorbereitung auf den Schulabschluss ebenfalls mit Deutsch-Unterricht, aber auch mit Praktika zur beruflichen Orientierung. FlüB&S wird gefördert aus Mitteln des Sozialreferats der LH München, Amt für Wohnen und Migration.

In allen Lehrgängen und Projekten stehen erfahrene Sozialpädagogen den Lernenden zur Seite und unterstützen sie nicht zuletzt bei der Planung ihrer beruflichen Zukunft.

Die MVHS-Lehrgänge und -Projekte finden im modern ausgestatteten und gut erreichbaren Haus der Jugendprojekte in der Orleansstraße 34 statt. Termine, Anmeldung und weitere Informationen finden sich unter www.mvhs.de.


Kontakt:

  • Andrea Kuhn-Bösch, Fachgebietsleitung Nachholende Schulabschlüsse, Telefon (0 89) 4 80 06-68 02, andrea.kuhn-boesch@mvhs.de 
  • Hedwig Fuß, Projektleitung FlüB&S + Starten statt Warten, Telefon (0 89) 4 80 06-65 11, hedwig.fuss@mvhs.de 
  • Susanne Lößl, Leitung Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Telefon (0 89) 4 80 06-61 88, susanne.loessl@mvhs.de 

Auf dem Foto v.l.n.r.: Mohammad Haidar, Nikolina Pavlinović, Mohamed Barre, Tara Chandel, Shivan Shamo Selo, Larissa Skubin, Mohammad Mazen Shebrok, Lilian Richter, Masha Abubakar